Donnerstag, 17. April 2008

Frühling

– von wegen! Das Wochenende habe ich gut 500 km nördlich verbracht. Eine Schulfreundin meiner Mutter hat mich zu sich eingeladen, zu einem originalen Erlebnis im finnischen Wald, das man in der Hauptstadt sicherlich nicht geboten bekommt. Die Kamera hab ich leider daheim vergessen.

Einschub am Rande: OpenOffice geht mir zunehmend auf den Keks. Wenn man stilistisch äußerst wertvoll einen Gedankenstrich an den Anfang einer Zeile setzt, macht die Auto-Korrektur automatisch eine Aufzählung daraus. Das wieder wegzukriegen, ist ganz und gar nicht trivial. So wenig, dass es schneller ist, einfach alles zu löschen und nochmal zu schreiben. Wenn ich dann etwas aus dem Schreibprogramm in den Browser kopiere (fürs ins-Blog-Setzen), hab ich dann nicht einfach den Text, sondern noch jede Menge spitze Klammern mit XML drin. Ich hasse diese Dinger, die immer meinen, die Intention des Autors zu kennen, und dann daneben liegen wie ein umgefallener Baum im finnischen Wald. Nicht, dass Word besser wäre.

Aber weiter im Text: Die Zugfahrt hoch dauerte geschlagene acht Stunden, während der die Landschaft um mich immer weißer wurde. Eine gute davon bestand daraus, am Bahnhof einer für mittelfinnische Verhältnisse halbwegs großen Stadt zu warten, bevor der Zug weiterfuhr. Liegt vermutlich daran, dass die Strecken hier eingleisig sind und der Zug nicht mit einem in der entgegengesetzten Richtung zusammenstoßen wollte. Kann ich irgendwo verstehen, hätte mir auch nicht gepasst. Jetzt bin ich auf der Rückfahrt, diesmal von besagter Fasthalbwegsgroßstadt und ohne Umsteigen, nur 6 Stunden 40 Minuten. Hoffentlich ohne Rumstehen.

Weiterhin gefallen mir die Züge sehr gut. Auf der Hinfahrt hatte ich zwei Stunden InterCity. Die Züge sehen bisschen schneller aus und machen 160 km/h. Die aktuelle Geschwindigkeit kann man an kleinen Monitoren ablesen, die in jedem Abteil hängen. Komfortabel isses allemal, wackeln tuts nicht. Wenn lieb drum bittet (wie ich) kriegt man nen Platz mit Steckdose und Tisch reserviert, damit man auf der Fahrt fürs Blog schreiben kann. Die Tische sind leider sehr schmal und zu weit von den Sitzen entfernt, so dass das Tippen nicht so angenehm ist. Aber für meine Leserschaft nehme ich doch jede Strapaze auf mich!

Später stieg ich in einen sogenannten Schnellzug um. Der sieht überhaupt nicht schnell aus. Dafür war er an der gegenüberliegenden Seite desselben Bahnsteigs, so dass die fahrplanmäßige Umsteigezeit von 8 Minuten locker ausreichte. Über die tatsächliche Geschwindigkeit wird man auch nicht informiert. Die Waggons waren wohl schon ein paar Jährchen alt, aber dafür gut erhalten. Die Sitze sind breiter und komfortabler als im InterCity, und die Tische wesentlich größer und klüger platziert. Zwischenzeitlich waren auf dem Tisch drei Thinkpads und ein iPod, was keinerlei Problem darstellte. Nur die zwei Steckdosen reichten nicht, aber mit nem Akku kann man sich ja am Strom abwechseln. Ein Zugrestaurant gab es auch, da ich aber von allen Seiten davor gewarnt wurde, verzichtete ich drauf. Die Toiletten waren noch so richtig rustikal. Die Spülung war im wesentlichen ein mechanischer Hebel, der eine Klappe unten in der Kloschüssel öffnete und alles auf die Gleise beförderte. Ein Plumpsklo auf Rädern. Daneben waren dann Telefonkabinen (schalldicht, zum mit-Handy-Reingehen) und der Raucherraum. Nette Idee, aber ich konnte es jedes Mal sehr deutlich riechen, wenn jemand drinnen gewesen war.

Am Rande: Die Preise sind auch ohne Bestellung drei Monate vor der Fahrt und feste Zugbindung deutlich günstiger als die der Deutschen Bahn. Für Studenten zumindest, als solcher kriegt man nämlich 50% Ermäßigung. Eine Platzreservierung ist obligatorisch und kostenlos.

Ankommen tat ich kurz nach 10 Uhr abends, etwas früher als laut Fahrplan. VR (die finnische Bahn) kriegt das mit der Pünktlichkeit deutlich besser auf die Reihe als die DB. Mit der Freundlichkeit übrigens auch. Meine Gastgeberin holte mich vom Bahnhof ab und erzählte mir auf der Autofahrt heim ein bisschen, was es da so gab. Viel war das nicht, aber dafür war ich ja auch nicht da. Angekommen, wurde ich erstmal mit Pastasalat und Lachssuppe gefüllt. War etwas spät zum Essen, aber das war wirklich gut. Konnte ich mir nicht entgehen lassen, die Gelegenheit.

Am nächsten Tag frühstückte ich dann endlich mal wieder Puoro (Brei). Lang ist's her. Vermisse ich irgendwie, aber trotzdem bin ich immer zu faul, das selbst zu machen. Danach dann auf zum Mökki (Häuschen am See ohne Strom und Wasser, aber mit Sauna) der Nachbarn. Paar Kilometer Autofahrt und noch etwas durch den verschneiten Wald stapfen. Der See hatte eine ziemlich dicke Eisdecke. Allgemein hat mir das Wochenende den Glauben an den richtigen finnischen Winter zurückgegeben.

Der Nachbar ist ein finnisches Original. Auf einem offenen Feuer räucherte er Fisch. Mit der Motorsäge bekam die Eisdecke des Sees ein Loch verpasst, zum Abkühlen nach der Sauna. Während die Sauna aufwärmte, machten wir außerdem noch eine Einstiegsleiter in den See aus Birke. Ich verteidigte die Familienehre und nagelte das Ding zusammen. Stellte mich dabei zwar ziemlich dämlich an, aber immerhin.

In der Sauna gab es dann mehr Löyly, als ich je zuvor erlebt hatte. Überstehen tat ich es dennoch recht gut. Als ich rauskam, war mir dann so heiß, dass ich mich ins Eisloch traute. Dreimal insgesamt, nach jedem Saunagang einmal. Ein fantastisches Erlebnis, das revitalisiert wie sonst nichts in der Welt. Meine mitgebrachte Erkältung wurde auch eher besser als schlechter. Wer die Gelegenheit bekommt, sollte sie unbedingt ergreifen.

Vor der Sauna konnte ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, nochmal ein bisschen Scheiße zu bauen. Besagter Nachbar hatte einen Motorschlitten dabei, zum Transport der Räucherausrüstung, des Essens, des Alkohols und so weiter. Zuerst durfte ich auf dem Ding mal mitfahren, es gab eine Tour über den zugeeisten See. Auf 110 beschleunigte er, hossa. Und sprang über ein Loch im Eis. Das begeisterte mich so sehr, dass ich auch ein bisschen was probieren wollte, als ich später selbst ans Steuer durfte.

Mir wurde eingeschäft, nicht schneller als 40 zu fahren, was auf so nem Dingauch genug ist. Wenn man an 130 auf der Autobahn gewöhnt ist, hört sich das wenig an, aber ohne Dach, Helm, Brille und sonstwas auf ner Eisfläche... Ich jedenfalls wollte ein bisschen sliden. Kennt man ja aus Mario Kart. Allerdings kippen die Karts dort nicht zur Seite um, bloß weil man scharf in die Kurve geht. Der Motorschlitten auch nicht, das Sliden ging gut. Dann kam ich auf die glorreiche Idee, während des Slides in die eine Richtung den Lenker umzureißen und nochmal einen zur anderen Seite dranzuhängen. Das war eine schlechte Idee. Und der Punkt, an dem das Gefährt endgültig beweisen zu wollen schien, dass es nicht von Nintendo programmiert wurde. Es kippte zur Seite und warf mich ab, ein paar Meter übers Eis. Wieder einmal bin ich dankbar für die Fallschule aus dem Kampfsporttraining.

Aber erzählt die Geschichte bloß nicht meinen Eltern! Wobei... die lesen hier ja eh mit. Dann kann ich für sie immerhin hinzufügen, dass ich unverletzt bin. Die Kurs- und Vereinsmitgliedschaftsgebühren haben sich ausgezahlt. Dem Motorschlitten hab ich bei der Aktion freilich die Plastikwindschutzscheibe zerbrochen. Ups... Der Nachbar weigerte sich aber, das von mir bezahlen zu lassen.

Am Tag drauf gab es dann nicht mehr so viel. Meine Gastgeberin zeigte mir die Skigebiete hier in der Gegend, und wir fuhren in die Stadt, aus der der Zug abfuhr. Bisschen rumlaufen und gucken, aber am Sonntag ist natürlich alles tot und zu. Immerhin zu den Burgruinen konnten wir. Schönes Städtchen jedenfalls. Sogar an der einen Disko, die es dort gibt, kamen wir vorbei. Onnela, eine Kette in Finnland. So wie fast alles zu irgendner Kette oder großen Firma gehört.

Nun ist das vorbei, ich sitze im Zug und blicke auf eins der besten Wochenenden zurück, das ich hier in Finnland hatte. Einmal ein anderes Finnland, abseits des internationalen Helsinki mit all seiner Mode, den vielen Geschäften. Das Ursprünglichere des Landes, abseits der dichter besiedelten Gegenden. Wäre doch schade, wenn ich das verpasst hätte.

Nun muss ich nur noch fünfeinhalb Stunden hier im Zug verbringen. Vielleicht lern ich was oder so. Mal gucken, wann ich diesen Eintrag hier wirklich ins Blog stelle. Hab ja grade erst was geschrieben. Vielleicht lest ihr das also erst, wenn es schon etwas zurückliegt. Ihr versteht.

Donnerstag, 3. April 2008

Hullut Päivät

... sind jetzt im größten (tollsten, schönsten, teuersten... und überhaupt!) Kaufhaus der Stadt, Stockmann. Zu deutsch: Verrückte Tage. Die Angebote sind in der Tat beachtlich, und zwar nicht auf Ramschware, sondern schöne, gute Sachen. Ich hab gleich mal mein Konto geleert. Wollte sowieso schon länger neue Sachen zum Anziehen kaufen, schreckte aber vor den Preisen zurück. Das ist ja jetzt nicht mehr das Problem. Da kommt ein ordentlicher Betrag an gespartem Geld bei rum, das ich sogleich für noch mehr Krempel ausgegeben habe. War fällig.

Voll isses dort natürlich. Das ganze Haus ist noch mehr mit Waren vollgestellt als sonst, und dazwischen drängen sich die Leute. Da spart man dann locker 50 Euro auf einmal, weil man irgendwas kauft, das man eigentlich nicht will oder braucht, das aber soooo stark reduziert ist. Konnte ich mir aber verkneifen. Kaffeemaschinen sprachen mich eh noch nie an.

Sowieso erzählte mir neulich eine Russin, in Russland seien Diesel-Sachen locker doppelt so teuer wie hier. Und hier isses schon lächerlich viel. Ich nehme Diesel immer sehr gern als Beispiel für so etwas. In meinem Verständnis ist das die Marke mit den unverschämtesten Preisen (Boss und so guck ich gar nicht erst an). Hab dennoch was gekauft. Wie gesagt: Rabatte!

Da hinter der Aktion eine kommerzielle Firma steckt, fragt man sich schon, wo die da Gewinn machen. Wenn man aber mal hinguckt, dann sind die Preise immer noch über den Herstellungskosten. Daran haben wir uns aber ja längst gewöhnt, in einer Welt, in der Turnschuhe für 5 Dollar in der Dritten Welt von Kindern zusammengenäht und uns für 100 Dollar verkauft werden. Selbst wenn man die mal ne Woche lang für 50 Dollar verkauft, bleibt Gewinn.

Weiterhin wollte ich ja von Stockholm erzählen. Wir waren vor ner Weile schon dort und haben geguckt. Die schönsten Bilder sind hier verstreut. Für jedes, das ihr findet, gibt's nen Gummipunkt! (Ihr erinnert euch: Wenn man 100 Gummipunkte hat, kriegt man so viele Waschmaschinen, wie man tragen kann.) Zu Stockholm ist zu sagen, dass es eine wunderschöne Stadt ist. Das Wetter war ausgesprochen gut, und wir erkundeten so diverse Ecken. Groß isses auch, obwohl die Einwohnerzahl recht niedrig ist für die Fläche. Dafür sind von den Einwohnern alle unglaublich freundlich und lieb. Verglichen mit Finnland, mein ich. Verglichen mit Deutschland ist der Unterschied natürlich noch viel größer.

Hin sind wir natürlich mit dem Schiff. Darum ranken sich die wildesten Gerüchte. Von Sex die Nacht durch hört man da, von jungen Leuten, die sich aufs Schiff begeben, einzig und allein, um sich volllaufen und entjungfern zu lassen. Ist aber alles falsch. Hauptsächlich waren da junge Familien und Touristen in einem Alter, in dem man keine Jungfrau mehr sein sollte. Falls da irgendwer Sex gehabt haben sollte, hat er sich gut vor uns versteckt. Wieder einer dieser Mythen, hinter denen nichts steht. Gut, bedauern tu ich es nicht wirklich, das hätte mir noch gefehlt, bei der Rückkehr in die Kabine über kopulierende, sich übergebende Teenager zu stolpern. Womöglich hätte ich mir den Kopf angeschlagen und die Reise ruiniert.

Die Metro fährt in Stockholm übrigens bis spät in die Nacht. Keinerlei Probleme, nach Hause zu kommen. Im Gegensatz zu einer anderen skandinavischen Großstadt, die namentlich nicht genannt werden möchte. Dafür sind die Preise fürs Weggehen schlicht lächerlich. Man sollte meinen, so viele Klubs und Kneipen, wie dort sind, würde es Konkurrenz und Preisdruck geben. Aber nein: Eintrittspreise von 150 Kronen und (teilweise deutlich) mehr waren die Regel. Die Schweden hat das aber nicht gestört, denn noch dazu musste man sich ewig in die Schlange stellen, bevor man das Portemonnaie leeren durfte.

Der April in Helsinki bietet übrigens nicht nur Hullut Päivät, sondern auch die Ankunft des Frühlings. Man freut sich über +5°C, Sonne und wolkenfreien Himmel. Endlich. Wurde höchste Zeit nach dem ganzen Geregne und den 2-Tages-Schneefällen, nach denen eh gleich alles wieder schmolz. Das hebt meine Laune doch ganz erheblich, und nicht einmal der Gedanke an handgearbeitete Turnschuhe kann mich runterziehen. Zumal auch sonst alles wunderbar ist: Vor zwei Tagen hab ich eine Präsentation gehalten, die recht intensiv vorzubereiten war. Das nicht mehr machen zu müssen, ist schon ein Glück. Jetzt fehlt mir nur noch eine Prüfung im Mai, um meine selbstgesteckten Studienziele hier an der Uni zu erfüllen. Freizeit! Auch sonst kann ich mich nur freuen. Der einzige Wermutstropfen ist, dass ich noch immer keinen Praktikumsplatz für den Sommer gefunden habe. Die wollen mich alle nicht. Ist aber auch nicht so schlimm. Wenn das nichts wird, reise ich halt in den Monaten durch Europa, jetzt kenn ich ja genug Leute überall.